Übung für Paare: Das Paartherapeutische Zwiegespräch

Das Zwiegespräch ist eine grundlegende Übung für Paare, um ihre Kommunikation auf die Dinge zu fokussieren, die Wesentlich sind, um sich dem Anderen zu zeigen und um die Intimität zu vertiefen.

Das Zwiegespräch eignet sich dann, wenn Streitmuster die Kommunikation bestimmen, wenn nur noch oberflächlich und über organisatorische Dinge kommuniziert wird, oder wenn eine*r viel mehr Raum in der Kommunikation einnimmt, das Zuhören schwerfällt und über die Dinge zu sprechen, welche in der Tiefe bewegen.

Das Zwiegespräch kann wieder eine Verbindung, einen Kontakt zum Gegenüber herstellen, auch, wenn es kein Problemgespräch ist. Beim Zwiegespräch liegt der Fokus bei sich selbst und es basiert auf folgenden Grundregeln:

  • Die Partner*innen vereinbaren, sich regelmäßig, am besten einmal pro Woche, für 90 Minuten zu treffen. Sollte diese Zeit zu überfordernd sein, können sie auch mit 60 Minuten beginnen.
  • Jede*r bekommt drei Mal 15 Minuten (bei 90 Minuten Dauer), oder drei Mal 10 Minuten (bei 60 Minuten Dauer) Zeit, um über das was sie/ihn bewegt zu sprechen.

Es ist gut, einen Wecker zu stellen, der die Zeitintervalle definiert.

  • Es ist wichtig in der Zeit des Gesprächs ungestört zu sein. Also Handy auf lautlos, Kinder im Bett, etc. Auch ein Spaziergang im Freien kann ablenken, deshalb ist es besser, das Zwiegespräch an einem ruhigen Ort durchzuführen.
  • Die Partner*innen sitzen sich gegenüber und schauen sich möglichst viel in die Augen.
  • Aus Ich-Perspektive sprechen, was die Person gerade bewegt. Du-Botschaften vermeiden und bei sich selbst bleiben. Das Gegenüber nicht vereinnahmen.
  • Der- oder diejenige die zuhört, antwortet nicht und gibt dem/der Sprecher*in die ganze Zeit Raum, sich auszudrücken. Wenn jemand für mehrere Minuten schweigt, dann ist das in Ordnung. Vielleicht fehlen gerade die Worte, um zu formulieren, was in der Tiefe vor sich geht. Nach einer Phase des Schweigens, geht es häufig eine Ebene tiefer. Bitte kein Drängen oder das Gegenüber übergehen.
  • Nachfragen für den/die Zuhörer*in sind nur dann sinnvoll, wenn es sich um Verständnisfragen handelt.
  • Nach Beendigung des Zwiegesprächs wird nicht mehr über die geteilten Inhalte gesprochen. Sollten Themen die benannt wurden nacharbeiten, wird ein weiteres Zwiegespräch dafür vereinbart.

Das Zwiegespräch bietet die Möglichkeit, emotionale Themen, die belasten, anzusprechen und den Weg zueinander wieder frei zu räumen. Deshalb ist es auch wichtig, nach dem Zwiegespräch nicht über das Gesagte zu diskutieren, sonst verfehlt es seinen Zweck. Es hat sich als hilfreich erwiesen, wenn Paare sich auf feste Termine für das Zwiegespräch einlassen und diese im Kalender eintragen, als gegenseitiger Kommittent, sich diese Beziehungszeit einzuräumen und sie als wichtig zu definieren.

Das „Bei-sich-bleiben“ im Zwiegespräch kann eine große Herausforderung darstellen. Die Wahrnehmung liegt bei den eigenen Gefühlen, Gedanken und Körperempfindungen. Es ist auch möglich „prozesshaft“ zu sprechen. Also z.B.: „gerade merke ich, wie mein Herz schwer wird, wenn ich dich anschaue und ich einen Kloß im Hals bekomme, meine Gedanken woanders hinwandern und ich traurig werde…“.

Auch das Zuhören ist eine wichtige Aufgabe. Wirklich verstehen zu wollen, was das Gegenüber von sich mitteilt, mit der Wahrnehmung und der ganzen Aufmerksamkeit beim Gegenüber zu bleiben, fördert sie Empathie und das Verständnis füreinander.

Zwei Menschen leben, zumindest ein Stück weit, immer in unterschiedlichen Wahrnehmungswelten. Wirklich zu verstehen in welcher Welt der/die Partner*in lebt, kann ein großes Geschenk sein.

Hin- und wieder wird das Ausdrücken von Gefühlen dafür benutzt, dem Partner/der Partnerin Verhaltensvorschriften machen zu wollen. Achten Sie auch hier darauf, dass es sich bei Ausdrücken von Gefühlen nur darum geht, dass Sie sich selbst freisetzen und sich zeigen.

Es kann sein, dass eine*r der Partner*innen Widerstände hat, dass Zwiegespräch durchzuführen. Diese Widerstände drücken häufig eine unbewusste Angst aus, wenn sich die Beziehung durch die Gespräche vertieft. Es ist gerade bei Widerständen wichtig, die Regelmäßigkeit einzuhalten, darüber ein tieferes Einlassen zu fördern und im Gespräch zu versuchen, die auftauchenden Ängste zu thematisieren.

Die Wirkung dieser Übung kann unter anderem sein:

  • Sie lernen, sich selbst besser kennen und wahrzunehmen. Darüber gelangen Sie zu mehr Selbstbewusstsein und Authentizität.
  • Sie lernen, über sich und Ihre Bedürfnisse und Ängste zu kommunizieren.
  • Sie lernen, zuzuhören und konfliktfähig zu werden.
  • Sie lernen, Übertragungen und Projektionen aufzulösen.
  • Sie lernen, Ihr Gegenüber besser kennen und wahrzunehmen.
  • Sie lernen, Verständnis und Empathie zu entwickeln.
  • Sie lernen, Vertrauen und Bindungsfähigkeit zu entwickeln, mit schwierigen Situationen umzugehen und sich Ihren Ängsten zu stellen.

Das Zwiegespräch bietet die Chance auf Veränderung. In sich selbst und in Ihrer Beziehung. Veränderung kann Angst machen und verunsichern. Sich dieser Angst zu stellen erfordert Mut und Einlassung und zeigt gleichzeitig den Weg zu mehr Freiheit und Verbundenheit.

© Bettina Uzler – Sie finden die Anleitung für das Zwiegespräch hier auch als Datei zum Ausdrucken (*pdf, 64KB).