Wer ist die innere lustvolle Frau?

Frage: Wer ist die innere lustvolle Frau?

Wir Menschen bestehen aus verschiedenen Persönlichkeitsanteilen, den sogenannten Ego-States, also Ich-Anteilen, die sich je nach äußerer Situation auf der inneren Bühne zeigen. Ich benutze gerne das Bild er inneren Bühne und stelle mir dabei eine Theaterbühne vor. Wenn ich beispielsweise arbeite, dann könnte man sagen, mein Therapeutinnen-Ich steht vorne auf der Bühne und das ist gut so und passend zur äußeren Situation. Im Therapeutinnen-Ich-Zustand, bin ich auf mein Gegenüber konzentriert, bin erwachsen, denke und rede therapeutisch und nehme die Situation aus den Augen der Therapeutin wahr. Ungünstig wäre es, wenn beispielsweise der Ich-Anteil auf der Bühne stehen würde, der gerne Sport macht. Der würde die Situation anders wahrnehmen. Der würde sich bewegen wollen, nicht Nachdenken wollen und nicht reden.

Auch das sexuelle Wesen ist so ein Ich-Zustand. Es kann sich auf vielfältige Weise zeigen und hat eine eigene Persönlichkeit, Verhaltensweisen, Sichtweisen, Gefühle, Vorlieben und Abneigungen, die eine Person im Laufe der sexuellen Entwicklung gelernt hat.

Das sexuelle Wesen (bei manchen passt dieser Ausdruck besser)/die innere lustvolle Frau taucht bestenfalls auf, wenn die äußere Situation sie auf die Bühne ruft, also in einer sinnlichen, erotischen oder sexuellen Situation. Gab es jedoch in der Biographie Situationen, in denen dieser Ich-Anteil, schmerzhafte und verletzende Erfahrungen machen musste, dann werden in sinnlichen, erotischen oder sexuellen Momenten andere Ich-Anteile auf die innere Bühne gerufen, welche durch die schmerzhaften Erfahrungen entstanden sind. Diese Anteile tragen die Verletzungen, haben diese Verletzungen erfahren und haben dadurch selbst eine eigene Wahrnehmung entwickelt. Ist die äußere Situation nun der Situation ähnlich, in der ursprünglich eine Verletzung stattgefunden hat, also beispielsweise eine sexuelle Situation, dann werden die Anteile, die die Verletzung tragen, auf die Bühne gerufen und nicht mehr die innere lustvolle Frau/das sexuelle Wesen. Um die Person nun davor zu schützen, wieder und wieder mit diesen Verletzungen in Kontakt zu kommen, entwickelt die Psyche Schutzstrategien, die wiederum eigene innere Anteile darstellen.

Erinnert die äußere Situation an die Situation, in der eine Verletzung passiert ist, treten die Schutzanteile auf die innere Bühne und machen den Job, den sie gelernt haben, nämlich die verletzten Anteile zu schützen, indem sie beispielsweise die Strategie anwenden, nichts mehr zu fühlen, oder zu kämpfen oder auch, solche Situationen gänzlich zu vermeiden. Das innere System kann nicht unterscheiden, ob gerade Gefahr besteht, oder ob die Situation sicher ist. Sie haben gelernt: Sex= Schmerz und Gefahr, also braucht es Schutz. So kann es sein, dass die innere lustvolle Frau nur noch dann die Bühne betritt, wenn niemand anderes in der Nähe ist oder dass sie hinter all den Schutzanteilen gar keine Chance hat, die Bühne überhaupt jemals zu betreten.