Übungen – Die orgastische Welle nach Wilhelm Reich

Die orgastische Welle ist eine bioenergetische Übung aus der Reichanischen Körperarbeit. Anders als beim Orgasmic Yoga, liegt der Fokus bei der orgastischen Welle darauf, Körperpanzerungen und emotionale Blockaden aufzulösen, damit die Energie im Körper wieder frei fliesen kann. Es geht also weniger um Sinnlichkeit, Erotik oder Selbstliebe, sondern vielmehr darum, blockierte Emotionen in den Ausdruck zu bringen. Das kann, gerade wenn jemand noch keine Erfahrung mit dieser Übung hat, verwirrend und sogar überwältigend sein. Wer richtig tief in diese Übung reingeht, kann mit starken Gefühlen wie Wut und Schmerz in Kontakt kommen. Viele meiner Klient:innen sagen, dass sie sich nach der orgastischen Welle befreiter und tiefer mit sich verbunden fühlen. Ich empfehle jedoch die orgastische Welle, gerade bei den ersten Versuchen, in Begleitung zu machen, so dass wenn schwierige Gefühle auftauchen, oder auch Erinnerungen die mit diesen Gefühlen verbunden sind, jemand Vertrautes dabei ist, der den Raum halten kann.

Für traumatisierte Personen ist diese Übung nicht, oder nur mit therapeutischer Begleitung geeignet.

Auf meinem Spotify-Account mit der Nummer: 1192515850 findest du eine Playlist, die „Orgastische Welle“ heißt, mit passender Musik, die dich entsprechend der Welle ca. 45 Minuten musikalisch begleitet und deinen Prozess unterstützen kann.

Für diese Übung ist es besser nicht nackt zu sein, da sie auch starke kindliche Gefühle aktivieren kann, für die ein äußerer Schutz durch die Bedeckung des Körpers mit Kleidungstücken wichtig sein kann.

Für diese Übung brauchst du eine weiche Unterlage, eventuell ein flaches Kissen, um deinen Kopf weich abzulegen und eine Decke. Die Decke kannst du verwenden, wenn du mit Wut in Kontakt kommst. Du kannst die Fäuste in sie reingraben, kannst sie zerknüllen und an ihr reißen. Nach der Übung kannst du dich mit ihr zudecken.

Hier zur Übung:

  • Für die Vorbereitung und bevor du die Musik anmachst, nimm dir ein paar Minuten Zeit, um deinen Körper zu entspannen. Lege dich dafür flach auf den Boden, auf eine weiche Unterlage. Dann spanne einzelne Muskelpartien erst kräftig an, halte die Spannung und lass dann mit einem tiefen Ausatemzug wieder los. Das machst du mit deinen Füßen, deinen Beinen, deinem Po, deinem Becken, deinem Bauch, deinen Armen und Händen, mit deinen Schultern und deinem Nacken.
  • Schneide ein paar Grimassen, streck die Zunge raus und mach einen Ton dazu, um die Gesichtsmuskulatur zu lockern.
  • Lege jetzt eine Hand auf deinen Bauch und eine Hand auf deine Brust. Atme ruhig ein und aus und beobachte deinen Atemfluss, wie er in deinen Bauch und in deine Brust fliest, wie sie sich heben und senken. Stell dir vor, dass dein Atem bis in dein Becken und in deine Genitalien fliest und wie du mit jeder Einatmung Energie aufnimmst, dich ausdehnst und mit jeder Ausatmung alle Spannung abgibst und loslässt.
  • Massiere, wenn du magst, im Liegen deinen Körper einmal durch, indem du Arme, Schenkel, Waden, Füße und Nacken kräftig knetest. Massiere auch mit den Fingerspitzen dein Gesicht, deine Kieferknochen und den Kopf einmal durch.
  • Stelle jetzt deine Füße auf und lass dein Becken ein paar Mal auf deiner Unterlage fest aufprallen, um es aufzuwecken.
  • Wenn du magst, dann Töne ein paar Mal laut, um den Stimmkanal zu öffnen, der maßgeblich für den Ausdruck von Emotionen wichtig ist.

Hier kannst du jetzt die Playlist anmachen und du hast jetzt ca. dreißig Minuten Zeit, die Welle aufzubauen und dich von ihr davontragen zu lassen. Die Lieder in der letzten Viertelstunde sind zum ruhig werden und nachspüren.

  • Greife mit beiden Händen in dein Becken, als ob du sie in die Hüften stemmen möchtest und schiebe es in einer runden Bewegung nach hinten, so dass ein leichtes Hohlkreuz entsteht. Atme in deiner Vorstellung durch deine Genitalien ein und aus.
  • Schiebe dann dein Becken in einer runden Bewegung nach Vorne und lasse dabei deinen Mund offen, so dass du beim Ausatmen Stöhnen oder Seufzen kannst.
  • Bleibe in dieser Wellenbewegung und in der Vorstellung, durch deine Becken ein- und auszuatmen.
  • Wenn deine Beckenbewegungen sicherer werden, kannst du die Hände auch auf den Boden legen und das Becken ohne die Unterstützung der Hände weiter vor- und zurückwiegen. Dafür brauchst dafür keine Muskelkraft.
  • Geh immer tiefer in diese Beckenbewegung rein und lass die Welle, die du in deinem Becken entstehen lässt, auch durch deinen Oberkörper laufen. Versuche nirgends im Körper fest zu halten. Atme Spannungen aus und verbinde deine Atmung mit deiner Wellenbewegung in deinem Becken.
  • Schiebe diese Welle in deinem Becken an, bis mit der Zeit dein Becken von ganz alleine schwingt. Vielleicht wird deine Welle schneller, größer, heftiger und es tauchen unwillkürliche Zuckungen und Bewegungen auf. Vielleicht wird alles unkontrollierter. Überlasse dein Körper seinen Eigenbewegungen.
  • Versuche alles was an Emotionen auftaucht und sich zeigen möchte, zuzulassen und deinen Gefühlen einen Ausdruck zu geben. Alles ist erlaubt, Stöhnen, schreien, trampeln, weinen, schluchzen, mit den Fäusten auf die Matte schlagen, oder eine Decke nehmen, um diese zu zerknüllen und mit deinen Fäusten zu bearbeiten.
  • Bleibe die ganze Zeit mit deiner Atmung in Kontakt. Wenn du eine Pause brauchst, werde ruhig und spüre, was dich bewegt.

Wichtig ist: es gibt nichts zu erreichen- du schiebst die Welle an und überlässt dich ihr dann und alles was in diesem Prozess auftaucht, zart oder heftig, ist willkommen. Vielleicht musst du die Übung mehrmals machen, um dich richtig in sie reingeben zu können.

© Bettina Uzler ‐ Praxis für beziehungsdynamische Sexualtherapie ‐ April 2021

Den Text zu dieser Übung als PDF (ca. 90KB) finden Sie hier zum Download.